Nass, kalt und Schnee auf den Bergen, schon Anfangs September, viel spröder könnten die Vorzeichen für einen Kurztrip kaum sein. Wen stört´s?
07:17 Uhr: Pünktlich rollt der Nachtzug von Wien nach Feldkirch am Zielort ein. Nachtzug-fahren ist, ob der dürftigen Platzverhältnisse, für Großgewachsene nur mäßig bequem, hat allerdings einen ganz entscheidenden Vorteil: es wird keine Zeit verschwendet, die man auch zum Biken nutzen könnte. Genau das ist nämlich auch geplant, eine anständige Tour gleich am ersten Tag, zur Einstimmung auf eine Bikewoche vom Feinsten; soll heißen, maximale Höhenmeteranzahl auf den besten Trails bergab, Panorama so weit das Auge reicht und das bei möglichst geringem Aufwand für den Uphill – der Fachmann spricht vom Wellness-Alpin-Freeriding Klingt alles wunderbar, einzige Komponente, die nicht mitspielt, ist das Wetter – nebelig und nass-kalt. Alex und ich beschließen erst einmal ausgiebig zu frühstücken, allein der Kälte wegen erscheint dies sehr vernünftig. Danach packen wir die Bikes samt Ausrüstung ins Auto um zum Ausgangspunkt unserer Aufwärmtour zu gelangen. Dort angekommen sind wir erst mal froh, dass der Lift, den wir gedenken in Anspruch zu nehmen, überhaupt läuft, denn am Parkplatz steht, unser Auto ausgenommen, kein weiterer Gast. Die Kassahütte ist ebenfalls unbesetzt, doch einen Augenblick später eilt eine Dame mit der Kassa in der Hand herbei, um uns die entsprechenden Tickets zu verkaufen; wir sind die ersten Gäste an diesem Tag und das, obwohl es schon fast Mittag ist. Oben angekommen werden wir von dichtem Nebel umhüllt, dieser ist auch verantwortlich, dass wir den Alpenblumenlehrpfad komplett abgehen, ehe wir, allerdings auch nur mit freundlicher Unterstützung von Julius, den Pfad für die restlichen Höhenmeter bis zum Gipfel finden. Am Gipfel halten wir uns nicht lange auf, Schnee, Wind und nicht zuletzt die Kälte treiben uns an, die Abfahrt zu starten. Eine tolle Aussicht hätte man von hier oben, hat man uns gesagt. Wir sehen kaum die nächsten 10 Meter weit, sind aber sehr angetan vom etwas technischeren, oberen Teil und kommen langsam in den Flow. Der Trail taucht in den Wald ein und wird etwas flotter, hier sorgen viele nasse Wurzeln dafür, dass uns nicht langweilig wird, aber beschleunigt durch das nass-kalte Wetter haben wir die Hälfte der Abfahrtshöhenmeter bald hinter uns gebracht. An diesem Punkt angekommen stehen wir vor der Entscheidung gleich in Richtung Ausgangspunkt abzufahren, oder zuvor noch einen Abstecher ins Nachbartal dranzuhängen. Wir entscheiden uns für letzteres und bereuen es nicht – 1650hm bergab an einem Nachmittag ist ganz nach unserem Geschmack.2. Tag: Die Niederschläge sind abgeklungen, nur die dichten Wolken und der Nebel geblieben, jedoch hat uns der Wetterfrosch Besserung zugesichert; das heißt die Kamera darf mit. Diese Tour haben wir vor 2 Jahren schon einmal gemacht, allerdings ist mir dabei mein damaliges Bike einige Zehnermeter weit abgestürzt und ich starte an diesem Tag mit gemischten Gefühlen. Nach dem Großteil des Uphills kehren wir in einer Hütte ein, der Wirt ist über die wenigen Gäste erfreut und belohnt alle, dem Wetter Trotzenden, mit einem Schnapps aufs Haus. Doppelt gewärmt machen wir uns auf, die letzten Höhenmeter zu bewältigen. Der Schnee wird tiefer und alle Spuren enden, nur Alex und ich ziehen die First-Lines in einem tief verschneiten Gebirgssteig. Es ist nicht so kalt wie am Vortag und wir warten am höchsten Punkt unserer Tour eine halbe Stunde, ob die Sonne doch endlich genügend Kraft aufbringen kann, um vollends durch die dicke Wolken- und Nebeldecke zu brechen. Es gelingt ihr nur begrenzt und so packe ich die Kamera nach ein paar Auslösungen wieder ein; der Trail war allerdings genial und spuckte uns nach einer fehlerfreien Abfahrt im Tal wieder aus.
Am dritten und letzten Tag, den wir in Vorarlberg verbringen, präsentiert sich das Ländle endlich wieder so, wie ich es in Erinnerung gehabt hatte: Sonnenschein, blauer Himmel und traumhafte Berge wohin man schaut. Julius, der uns auch schon an den vergangenen beiden Tagen immer mit Tourentipps zur Seite stand, hatte auch für diesen Tag eine großartige Tour in petto, bei der wir neben fahrerischen Herausforderungen auch die, durch das klare Wetter ermöglichte, Fernsicht genießen konnten. Schon während der Auffahrt beschließen wir, unsere geplante Tour auszudehnen und um einen Anstieg plus Abfahrt zu verlängern. Durch die wärmenden Sonnenstrahlen beflügelt erreichen wir schnell den Gipfel und kommen dort endlich dazu, meinen neuen Blitz und das CLS von Nikon zu testen. Es folgt eine technisch nicht allzu anspruchsvolle Abfahrt, erst steinig und bisschen verblockt, später dann auf malerischen Almböden. Vor unserem zweiten langen Tragestück des Tages machen wir Rast auf einer wunderschön gelegenen Alm mit ausgezeichnetem Kuchen und Kaffee. Während wir uns stärken, herrscht rege Betriebsamkeit auf der Alm. Zig Laib Käs werden auf einen Anhänger gehieft, fein säuberlich zugedeckt und transportsicher gemacht, um später zur, im Tal befindlichen, Sennerei gebracht zu werden. Wir lassen die Alm mit all ihrem Käse zurück und machen uns auf, die letzten Höhenmeter des Tages zu bewältigen. Am Grat angekommen und auf der anderen Seite hinunterblickend, stellt sich Ernüchterung ein. Unfahrbar… die ersten Meter bestehen aus derart schmalen und steilen Stufen, dass sogar das zu Fuß gehen eine Herausforderung ist. Nach ein paar Metern per Bike steigen wir ab und tragen unsere Räder gut 100 Höhenmeter weiter runter. Wir sind allerdings selbst schuld, wäre die Abfahrt uneingeschränkt lohnend gewesen, so hätte sie Julius mit Sicherheit empfohlen, daher unser Tipp: „Always trust the locals!“. Nach dem Tragestück folgt eine anspruchsvolle Abfahrt durch Latschen mit vielen Spitzkehren, bevor der Trail unglaublich flowig wird, wir das Gas nur mehr stehen lassen ohne einmal anzuhalten und hunderte Höhenmeter wie im Rausch abfahren, bevor wir mit Knacken in den Ohren vom schnellen Höhenverlust wieder am Parkplatz im Tal ankommen.Nach diesen drei großartigen Tagen ging es für uns weiter gen Osten um in Osttirol noch einige feine Trails zu erkunden. Noch einmal ein großes Dankeschön an Julius für das Trail-guiding und das nette Beisammensitzen, ich freue mich schon aufs nächste Mal und hoffe dann auf die ein oder andere Ausfahrt mit den Xi-trailern! Autor: Johannes Pistrol
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