Welcher ambitionierte Trail Biker kennt das nicht? Immer wieder steckt man die Nase in irgendwelche Wanderkarten stets auf der Suche nach möglichst neuen Herausforderungen. Technisch soll sie sein aber auch flowige Abschnitte aufweisen. Die eierlegende Wollmilchsau eben. Emsig wird die Anzahl der Höhenlinien gezählt dann der Abstand derselben zu einander geprüft. Möglichst lang soll die Abfahrt sein, nicht zu exponiert um das Absturzrisiko zu minimieren. Im Frühjahr und Herbst kommt die nicht unwesentliche Frage hinzu ob der Trail wohl schneefrei ist? Also gilt es die Exposition genauer zu prüfen, Webcams zu checken, Bike-Kollegen zu befragen, etc.
Zu guter Letzt jedoch die alles entscheidende Frage: Wie komme ich möglichst direkt und effizient auf den Gipfel? Wie schaut’s aus mit Güter- und Wanderwegen, wie mit Seilbahnen? Aber selbst wenn man meint alles minutiös geplant zu haben – mit Google Earth die Wegverhältnisse quasi wie unter dem Mikroskop geprüft hat – die wirklichen Verhältnisse machen einem öfter einen Strich durch die Rechnung als man glaubt. Mal erweist sich der Aufstieg als viel zu beschwerlich und in keinem Verhältnis zur Abfahrt stehend. Mal ist die Abfahrt keine Abfahrt sondern eine von Unwetter und Sturzbächen geformte, ausgewaschene Rinne gespickt mit Steinen und Geröll die eine Befahrung unmöglich macht.
Wie komisch, ja fast schon bizarr mutet es da an, wenn man bei all dem (Über-) Eifer immer bessere, immer längere Abfahrten zu entdecken all das vergisst, was man eigentlich schon Mal entdeckt hat! So geschehen am letzten Sonntag.
Möglichst einfach wollten wir’s uns machen. Nicht lange hin und her überlegen. Also kurz in die Karte schauen. Optionen prüfen, Entscheidung fällen. Ich deute mit meinem Zeigefinger auf eine rot gestrichelte Linie und sag: „DEN Trail hier könnten wir mal nehmen Alex“, den hab ich vor ca. zwei Jahren entdeckt. Ich bin ihn zwar seitdem nicht mehr gefahren (denn man könnte ja noch besseres finden!) ich glaube aber, der gefällt uns. Also Bike geschnappt und los gerollt.
Und wie er uns gefiel! Ein Sahnestück wie aus dem Xitrail-Kochbuch: Roll-In in einen zunächst technisch-verwinkelten Einstieg. Weiter geht’s etwas ausgesetzt auf einem handtuchbreiten Weg an einem schönen Hang entlang. Immer wieder gespickt mit ein paar technischen Raffinessen. Jetzt gilt es vor allem das Gleichgewicht zu halten. Der Blick nach links geht durch ein paar vereinzelte Latschen und Büsche hindurch ins Leere. Die feuchten Steine, Wurzeln und Felsplatten machen es nicht gerade einfacher, aber alles geht gut, sicher erreichen wir die nächste Abzweigung. Neugierig schauen wir dem Wegweiser folgend über die nächste Hangkante. In Nu erfasst uns maximales Grinsen. Ein schmaler Wanderweg bahnt sich vor uns durch herbstliche Blumen, Sträucher und Wiesen, fast schon kitschig wie eine Ansichtskarte. Wir fackeln nicht lange, lösen unsere Bremsen und cruisen durch die heideähnliche Landschaft. Die wärmende Sonne immer schön im Rücken und den würzigen Geruch von Alpenkräutern in unseren Nasen. Was für ein Spaß und was für ein Kontrast zum Nervenkitzel am Hang vorhin.
Last but not least tauchen wir auf unserem letzten Stück in den Wald ein, quittieren ein paar schöne Spitzkehren mit freudigem Jauchzen, rollen über eine Unzahl von Wurzeln und Steinen, grüßen freundliche Wanderer und setzen unseren grandiosen Ride auf einem nicht enden wollenden Wanderweg fort bis wir schließlich unseren Parkplatz erreichen.
Am Ausgangspunkt angekommen drehe ich mich zu Alex um und während wir euphorisch abklatschen denke ich nur so bei mir „Yeah, Lost but Found again“
Fazit: Mol, leider wieder geil gsi hüt!
Fred
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