Mein Proceed FST federt seit neuestem mit einer Rock Schox Lyrik U-turn. Da die Lyrik mit 160 mm Federweg und einem erträglichen Gewicht von 2.600g eine sehr breites Einsatzspektrum, von alpinen Touren bis zu Freeride abdeckt und damit viele Interessenten haben dürfte, vorab die Eindrücke nach den ersten Fahrten:
Die technischen Eckdaten:
Travel: 115 – 160 mm; stufenlos per U-turn einstellbar
Federelement: Stahlfeder
Zugstufendämpfung
High- und Lowspeed Druckstufe, getrennt einstellbar
Motion Control
Floodgate, mit 2,5 Inbus einstellbar
Gewicht: 2600g
Standrohre: 35 mm
Scheibenbremsaufnahme: Post Mount
20 mm Steckachse Maxle 360°
Die Gabel gibts auch als Solo Air ohne bzw.als 2-step /Air mit Absenkung.
Der Ersteindruck (aus dem Karton) ist positiv. Die Gabel macht einen sauber verarbeiteten Eindruck, klare Linien, schwarzes Casting, schlicht schön. Alle Drehregler sind aus Metall gefräst, verschiedenfarbig, super gerastert, leichtgängig und/oder ausreichend groß. Das U-turn ist anfangs etwas schwergängig und der Einsteller für die Zugstufendämpfung am rechten unteren Ende der Gabel läßt sich abziehen und für die Einstellung des Floodgate verwenden. Das neue Maxle System läßt zudem die freie Wahl für die Platzierung des Schnellspannhebels, was Freude macht.
Im Rad engebaut, heißt es erst einmal, ein passables Setup zu finden. Primär sollte natürlich die Feder zum Fahrergewicht passen, eh klar. Die Einstellung der Zugstufe ist ein Traum, klick, klick, klick, jeder Klick zeigt Wirkung. So ist die Abstimmung wirklich Kinderleicht. Wenn man dem Grundtenor der bekannteren Bikemagazine Glauben schenkt, ist damit schon alles erledigt. Stimmt auch irgendwie, wenn man sich mit der halben Leistung der Mission Control Dämpfung zufriedengibt.
Also weiter im Programm. Motion Control aktivieren (Daumen auf den Einsteller der Lowspeed Druckstufe drücken, eine elegante 90° Drehung im Uhrzeigersinn, schon fertig und zur Kontrolle springt der Einsteller ein paar mm in die Höhe) und das Floodgate grob einstellen, entweder als reine Wippunterdrückung oder -vielleicht etwas missbräuchlich- als Gegenmittel zum Durchsacken an sehr hohen Stufen, was ich bevorzuge. Was heißt bevorzuge, „I love it!“.
Die Einstellung der Low- bzw. der Highspeed Druckstufe ist etwas subtiler. Mit viel Gespür läßt sich – im Stand – vielleicht noch eine Veränderung bei der Lowspeed Druckstufe feststellen; die ist übrigens für die Kontrolle der langsamen Einfedergeschwindigkeiten, wie sie beim Pedalieren oder vor allem im Wiegetritt auftreten zuständig. Empfehlung: eher etwas mehr zu als offen. Bei der Highspeed Druckstufe läßt sich meines Erachtens aus dem Stand keinerlei Unterschied feststellen, ob die jetzt offen oder geschlossen ist.
Jetzt kommt die Stunde der Wahrheit! Auf dem Trail fällt sofort auf, diese Gabel will laufen gelassen werden, will mehr. Die Pike ist auch schon eine echt sautolle Gabel, doch die Lyric stellt auch diese noch einmal in den Schatten. Ein superbes Ansprechverhalten und eine eher etwas sportlich straffere als rein komfortorientierte Charakteristik treffen für eine langhubige Endurogabel voll ins Schwarze! Agilität pur, und dazu das Mission Control Dämppfungssystem, welches das Vorderrad immer stoisch am Boden hält. Ich nehme diese Performance auf der ersten Fahrt etwas fassungslos zur Kenntnis und gebe kräftig Gas. Und lerne jetzt doch die Funktion der Highspeed Druckstufe kennen, die ich so auf Verdacht zu rund 3/4 aktiviert habe: Ein Faustgroßer Stein, aus voller Fahrt genommen, bringt die Gabel widmungsgemäß zum massiven Verhärten und mir einen Durchschlag am Vorderrad ein. Verstehe jetzt: dämpft sehr hohe Einfedergeschwindigkeiten massiv ein, wie sie bei hohen Drops (oder eben auch beim Touche mit einem einzelnen Stein aus hoher Geschwindigkeit) auftreten. Tolle Sache beim Dropen, für den Normalbetrieb heißt das aber vice versa, daß die Highspeed Druckstufendämpfung eher offen bleiben sollte.
Generell fährt sich die Lyrik für meinen Geschmack sagenhaft gut und das auf jedem Untergrund, der sich vor unsereinem so ausbreitet: Weicherer Waldboden mit armdicken Wurzelteppichen, kompakter und schneller Boden, Geröllfelder, garstige Felsrinnen, oder was auch immer, die Lyric schluckts effizient weg und hat auch bei hohen Stufen keine Tendenz zum Wegsacken. Und bei den richtigen Monsterabsätzen hilft das Motion Control bzw. Floodgate (siehe oben). Wie die Gabel hohe Drops wegsteckt, kann ich, mangels Mut, nicht beurteilen und Spekulationen dazu lasse ich lieber bleiben.
In der Euphorie hätte ich beinahe zu erwähnen vergessen, wie sich die Lyrik aufwärts fährt. Das ist aber schnell gesagt: Die Absenkung bis auf 115mm ist mehr als ausreichend und das Rad rollt so auch noch sehr gut, es entsteht kein Gefühl, gegen die Wand zu fahren. Wippen ist auch kein Thema und wer gerne im Wiegetritt fährt, hat auch diese Situation mit einem 90° Dreh am Motion Control voll im Griff.
Bleibt vielleicht noch der Preis, aber darüber wird vermutlich in den diversen Bike Foren ohnedies bereits genug lamentiert, sodaß ich mich zu diesem Thema lieber verschweige.
Fazit: Die Lyrik ist die Gabel, auf die ich lange gewartet habe und wie geschaffen für mein Proceed FST. Dem ist vorerst nichts hinzuzufügen, bis Langzeiterfahrungen vorliegen
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