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AutorenbildAlexander Sonderegger

Sicher im Sattel – EMTB Unfälle

Was sind aus Ihrer Sicht die größten Probleme, die zu Unfällen mit E-Bikes (speziell E-MTBs) in den Bergen führen?

In 95% der Fälle: Mangelnde Fahrtechnik. In den tragischen restlichen Fällen Herz-Kreislauf-Versagen durch Überanstrengung. Mangelnde Fahrtechnik ist aber auf verschiedenen Ebenen (siehe zB https://www.derstandard.at/story/2000064248979/der-weg-ist-das-ziel-falsches-fahrverhalten-zerstoert-mehr-als) ein generelles Problem im MTB Bereich. Im Bereich Fahrtechnik Schulungen herrscht jedoch bei den spezialisierten Anbietern in Tirol seit Jahren eine grosse Nachfrage besonders bei jüngerem, bis mittleren Publikum, dasselbe gibt es aus Südtirol zu berichten. EMTB Kurse erfreuen sich aber nach zögerlichen Starts nun ebenfalls wachsender Nachfrage. Trotzdem ist es für die Anbieter nach wie vor eine Herausforderung, “Hobby- und Genussfahrer” die nicht in der sportlichen (E)MTB “Szene” verankert sind zu erreichen. Natürlich haben wir mit dem EMTB durch die neuen Nutzungsmöglichkeiten durchaus viele Genussbiker für die es das schönste ist am Wochenende gemütlich auf eine Alm zu biken, dort das Essen und die Aussicht auf die Berge zu geniessen, und gemütlich wieder den Berg auf einer Forststrasse herunterzuholen. Und das ist wunderbar. Dadurch steigt das Verständnis der Menschen für die Natur und für sportliche Betätigung. Allerdings ist dieser Nutzerkreis nicht in einer “Szene” organisiert, wie die sportlicheren MTB/EMTB Fahrer. In diesem sportlicheren Nutzerkreis gehören Fahrtechnik-Schulungen mittlerweile zum guten Ton. Man lässt sich gerne weiterbilden. Hier wäre aus meiner Sicht vor allem der Fachhandel gefragt, die Hobby/Genussfahrer-Kunden beim Kauf auf entsprechende Angebote hinzuweisen, und auch Hersteller wären gut beraten beim Kauf der Bikes Gutscheine für Fahrtechnik Schulungen anzubieten. Es kommt dann ja Mehrwert zurück: Der Kunde kann das Sportgerät geschult besser nutzen, das Risiko sinkt, und der Hersteller hat die Gewissheit dass seine tollen Fahrräder auch verantwortungsvoll, sicher und richtig genutzt werden. Mit dem Auto gehört es ja in Österreich auch zum guten Ton, mindestens einmal im Führerscheinleben eine Fahrtechnik-Schulung beim ÖAMTC (in D = ADAC) zu absolvieren, um so sich und sein Auto in kontrolliertem Umfeld bei extremeren Fahrsituationen besser kennenzulernen, und so Unfälle zu vermeiden. Warum also nicht beim EMTB/EBIKE?

Inwiefern ist gerade die Abfahrt ein Problem?

Die Abfahrt ist nicht mehr oder weniger ein Problem als beim klassischen MTB, und am EMTB sogar sicherer, da diese Bikes eine bessere Bodenhaftung haben. Ein leichtes MTB bricht bei Bremsungen viel früher aus, und ist schwerer zu kontrollieren. Wichtig ist jedoch immer eine gute Bremstechnik um die Bremsen der Bikes bei der Abfahrt nicht zu überlasten, und blockierende Reifen zu vermeiden. Zwar werden MTB/EMTB Bremsen immer standfester, aber nicht jeder Fahrer ist fahrtechnisch so versiert, auch in kniffligen Situationen richtig zu bremsen. Die Firma Bosch arbeitet hier aktiv seit ein paar Jahren an ABS Systemen für EMTBs/EBIKES, die auf Asphalt schon sehr gut funktionieren, auf einer Forststrasse mit Schotter aber die Systeme noch vor grosse Herausforderungen stellen, wie man es auch aus dem Motorrad-Offroad Bereich kennt. Was natürlich ein Problem sein kann ist, wenn leichte Fahrer mit schweren EMTBs ungewollt in Situationen kommen, in denen das höhere Gewicht von EMTBs spürbar wird. zB beim Überwinden von Hindernissen wie Bäumen durch Windwurf. Tipp: Akku ausbauen, Laufrad vorne oder beide, und gesondert über den Baum heben. Danach wieder einbauen. Da geht das schon leichter und das EMTB ist nicht mehr so schwer. Wir werden aber die nächsten Jahre eine Auffächerung der EMTBs in Klassen sehen: sehr leichte, leistungsarme EMTBs für sehr sportliche oder leichte Biker, mittelschwere EMTBs mit mittlerer Leistung und reduzierter Reichweite, und EMTBs wie wir sie heute kennen mit leistungsstarken aber gut dosierbaren Motoren, hoher Reichweite und moderatem Gewicht. Man kennt das Thema aber schon lange vom Motorrad: bei der Führerscheinprüfung muss man in der Lage sein, das seitlich auf den Boden gelegte Motorrad in den normalen Stand zu bringen. Genauso sollten das auch die Nutzer von EMTBs/EBIKEs können, und sonst halt auf leichtere Modelle ausweichen.

Wissen Sie inwiefern einige Passstrecken aufgrund der Gefahr für E-Bikes bereits gesperrt sind?

Darüber ist mir nichts bekannt, und das macht auch keinen Sinn. Sie können bei entsprechender Fahrtechnik mit einem E-MTB alles fahren was sie mit einem klassischen MTB fahren können. Wenn sie mit “Passstrecken” allerdings Pässe meinen die mit zB E-Rennrädern befahren werden, liegen mir hierzu keine Daten vor, wäre aber auch nicht sinnvoll. Sperrungen von Regionen oder Gebieten für EMTBs finde ich auch nicht zielführend: genau durchs EMTB können zB verstopfte Wanderparkplätze vermieden werden. Viele Anfahrten zu Wandergebieten können mit Bahn/Bus/EMTB ohne Auto gemacht werden, und das sollte auch definitiv genutzt werden. Hier ist das EMTB eine absolut umweltfreundliche Alternative. Ich merke es bei mir selbst und im Freundeskreis: viele Touren für die wir früher bei der Anfahrt das Auto nutzten, fahren wir nun komplett mit dem EMTB (und Bahn/Zug) von der Haustüre aus. Macht mehr Spass und Sinn. Hier Regionen für EMTBs zu sperren ist nichts als politischer Populismus auf Kosten von Radfahrern.

Was lässt sich tun, um die Zahl der Unfälle zu verhindern?

Generell werden wir in verschiedenen Altersklassen der Nutzer, verschiedenen Nutzungsarten usw, egal ob MTB oder EMTB leider immer ein gewisses Schulungsdefizit haben. Das Eigenkönnen zu steigern, die Fahrtechnik zu verbessern hilft immer das Risiko zu minimieren und Unfälle zu vermeiden. Dazu gibt es von spezialisierten Anbietern vermehrt Fahrtechnik Kurse eben auch im Bereich EMTB. Für städtische Nutzung von EBIKES wären solche Kurse natürlich auch absolut sinnvoll, und hier wären wohl die Kommunen gefragt entsprechende Angebote über Gemeindeblätter etc an ihre Gemeindemitglieder zu kommunizieren. Ein eigenes Thema sind sicherlich Quereinsteiger und Wiedereinsteiger auf EMTB/EBIKE. Einerseits sind das vermehrt Motorradfahrer, die die leisen und umweltfreundlichen EMTB/EBIKES für sich entdecken und die die entsprechende Fahrtechnik schon haben. Dann haben wir Mountainbiker die vielleicht aus gesundheitlichen Gründen einige Jahre nicht biken konnten, und nun mit dem EMTB wieder zurückkommen. Die sind aber in der Regel in kürzester Zeit wieder mit der Fahrtechnik und dem Fahrrad vertraut. Schliesslich haben wir Neueinsteiger, die noch nie richtig Fahrrad gefahren sind, und nun das EMTB/EBIKE entdecken. Hier wären Fahrtechnik Schulungen im Vorfeld absolut sinnvoll, und dieses Publikum haben wir vermehrt in den Tiroler “BikeHow” Kursen (https://bikehow.info/ebikehow/) (siehe weiter unten). Allerdings haben wir alle irgendwann mit dem MTB angefangen, und auch EMTB Einsteiger lernen schnell dazu. Andererseits sehe ich aber auch eine nicht wahrgenommene Chance der Hersteller von EMTBs oder EBIKES, für ihre Kunden entsprechende Schulungs-Angebote der Anbieter mitzunehmen, um diese beim Kauf der Produkte punktgenau an den Kunden zB per Gutschein zu kommunizieren. Ein Kunde der eine entsprechend gut geschulte Fahrtechnik egal ob am MTB oder EMTB oder EBIKE hat, ist ein Kunde der aktiv das Risiko für sich und insbesondere im Strassenverkehr für andere Verkehrsteilnehmer minimiert. Es gibt zwar vereinzelt Hersteller und sogar Sportbekleidungsanbieter (zB VAUDE) die seit Jahren schon sogenannte „MTB Fahrtechnik Camps anbieten“, aber im EMTB Bereich beispielsweise läuft das Angebot hier erst langsam an, dürfte dann aber auch in Schwung kommen. Was sich allerdings in der Saison 2019 gestartet, hervorragend entwickelt hat sind die Gratis Fahrtechnik Tage oder Wochenenden des vom Land Tirol geförderten Vereins BikeHow, dessen EMTB Fahrtechnik Kurse durch entsprechend ausgezeichnet geschulte Bergführer immer beliebter werden. Hier erhoffen wir uns eine Vorbildwirkung für andere Bundesländer bzw Länder im Allgemeinen, da die Kurse von Bergführern konzipiert und abgehalten werden, und der Tiroler Bergsportführerverband international einen Regen Ausbildungs-Austausch mit anderen Bergführer Verbänden unterhält. Und wie gesagt: diese Kurse sind GRATIS. Schliesslich bleibt mir noch zu sagen, dass wir in unseren MTB Kursen des Österreichischen Alpenvereins für 2020 nun auch EMTB Ausbildungsinhalte konzipiert haben, und diese ab 2020 in den Kursen unterrichten. Hier bietet der Österreichische Alpenverein Mitgliedern ausgezeichnete Schulungs- und Weiterbildungsprogramme in verschiedenen Alpinen Sportarten und da gehört das MTB seit vielen Jahren dazu (https://www.alpenverein-akademie.at/akademie/fuehren-und-leiten/index.php). Und wir freuen uns 2020 auch EMTB Fahrer entsprechend zu schulen. Sie sehen also, wir sind generell sehr bemüht über entsprechende Kurs- und Schulungsangebote die MTB/EMTB Fahrer zu erreichen, denn gut geschulte Biker egal ob mit oder ohne E sind sicherer am Berg unterwegs. Eigentlich logisch, oder? Eine dramatisch ansteigende Anzahl an EMTB Unfällen lässt sich aber aus den Statistiken derzeit nicht herleiten, für die rasant steigende Beliebtheit des Sports bleibt die Zahl der Unfälle sogar absolut “im Rahmen”, wobei jeder Unfall einer zuviel ist.

Christoph Malin

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