Alpines Biken anstatt Snowboardtouren, Flow auf einem steilen und technischen Steig, und das nie verlorene Trailgefühl wiederfinden.
Aber seht und lest selber, was ich mache und wie es mir geht, wenn der Winter Pause macht. Es ist Januar, Hochwinter, in meinem Kopf dreht sich (fast) alles ums Backcountry-Boarden:
– wo liegt wie viel (Neu-)Schnee?
– Wie ist die Lawinengefährdung?
Daraus plane ich dann wohin, mit wem und welcher Auftiegsart (Lift, Schneeschuhe, Splitboard, Steigeisen u. Pickel, oder ein mix davon).
Aber in diesem Januar ist alles anders, die letzte Splitboard-Tour liegt eher Wochen als Tage zurück, die Schneebedingungen sind fast bis auf 3000m mehr als bescheiden und auf Snowboardkurs auf abwechselnd zu harten oder weichen Pisten habe ich irgendwann auch keine Lust mehr. Vor allem kann ich aber diesen Anton aus Tirol und Konsorten nicht wirklich leiden.
Daraus resultiert schon ganz schon viel Frust und ein wenig Trauer ich den verlorenen Tagen auch hinterher, weil der Winter in den Alpen ist wie ein angezählter Boxer, wenn man die wenigen Tage nicht nutzt oder nicht nutzen kann, ist ganz schnell wieder alles vorbei!
Aber genug übers Wetter gejammert, das Thema belassen wir dann besser beim nachbarschaftlichen Smalltalk im Treppenhaus. Ich will einfach nur raus, und im Keller gibt’s ja noch mehr Sportgeräte. Darum teste ich mal das neue Bike, ein Hardtail das eigentlich für Rodelbahnrides und nächtliche „Fitness“-Touren geplant ist, auf einem echten Krachersteig. Mit dabei ist Flo, der mir schon seit letztem Sommer vorführt was auf einem Hardtail mit wenig Federweg und dafür umsomehr Fahrtechnik möglich ist. Und Susi, die uns mit Kamera ausgestattet, zu Fuss begeleitet.
Der Trail, eine Vertrider–Empfehlung, da auch eher in deren Einzugsgebiet liegend, hat sich in den letzten 2 Jahren zum Saisonopeningklassiker einiger Xitrailer entwickelt. Als Flo im Frühjahr 2009 diese Bilder gepostet hat, war dies der Anstoss für unser Kennenlernen. Daraus sind seither viele gemeinsame Bergtouren und eine Freundschaft entstanden. Im vergangen Frühjahr war ich dann das erste Mal selber am Trail und ganz schön beeindruckt ob der permanenten Steilheit, gespickt mit jede Menge Schlüsselstellen. Hinzu kommt, das an vielen Stellen ein abkommen vom „rechten“ Weg, einen viel zu raschen Ab(-flug)stieg zum Ausgangspunkt zur Folge hätte.
Wir parken direkt am Traileinstieg, das Bike kann es sich sofort auf den Schultern bequem machen, dort wird es die nächsten gut 1.5h auch verweilen. Der Pfad ist so steil das wir schon nach 3 Kehren auf Handschuhe und Mütze verzichten und stattdessen in sommerlicher Bekleidung bergan schreiten. Dank der Steilheit gewinnen wir rasch an Höhe, schwitzen aber dafür auch ordentlich und nur der Ausblick auf die weiss strahlenden Gipfel lässt erahnen das wir noch mitten im Winter stecken.
Unser Südhang ist auf jeden Fall mal bis 1500m (wahrscheinlich sogar noch deutlich höher) absolut schneefrei und das Wegerl trocken und an einigen Stellen sogar lose wie man es fast nur im Sommer kennt. 2x Kreuzen wir einen Klettersteig und nach kurzem betrachten der Route haben wir beschlossen beim nächsten Ausflug das Kletterset auch noch mitzunehmen.
Oben angekommen gibt’s erst mal eine ausgiebige Jausen und ein Sonnenbad vom feinsten. Es ist so gemütlich und entspannend das es mir geradezu ein wenig schwer fällt auf das eigentliche Highlight, die Abfahrt, vorzubereiten. Aber irgendwann packt es uns dann doch und los geht’s. Zum Auftakt ein paar einfache Singletrailmeter mit harmlosen Kehren, weder besonders steil noch ausgesetzt. Genau das richtige um „reinzukommen“, sofort merke ich aber, da geht was! Ich fühl mich eins mit Bike und dem Trail, keine Gedanken mehr an verpassten Schneesport und auch die Rum-Cola vom Vorabend sind Dank des sportlichen Tempos beim Aufstieg kein Thema mehr. Ich merke dass die Pause zur letzten Tour nicht wirklich lange war, die Bewegungen sind so vertraut.
Auch als der Steig sein wahres Gesicht zeigt, geht es mit einem breiten Grinsen talwärts – selbst die erwarteten Adrenalinstösse aufgrund beinahe Abstiege bleiben fast völlig aus. Teilweise synchron zirkeln wir durch engste Kurven und über steilste Stufen. An wenigen Stellen gönnen wir uns einen 2ten Versuch um sie ganz fehlerfrei oder mit anderer Linienwahl zu bewältigen, die meisten Sektionen klappen aber direkt, dank den Erinnerungen aus dem Vorjahr und der Besichtigung beim hochgehen.
Bis auf die 5 eventuell noch fahrbare Stellen, ich habe nur 2 davon überhaupt probiert/angefahren, wurde alles gecleart, einfach geil – aber das war gar nicht das primäre Ziel, vielleicht auch genau deswegen.
Die meiste Zeit hatte ich ein echtes Flow-Gefühl, und das auf einem schwierigen Trailwegerl, geht das?
JA, aber ich bin schon selbst ein wenig überrascht, noch nie bin ich um zum Saisonauftakt so entspannt getrailt, schon gar nicht so was Technisches.
Und warum? Ich hab mir einfach vorgenommen draussen am Berg Spass zu haben, kein Druck wegen irgendwelchen nichtbewältigten S-xy Stellen, usw. . Liegt wohl aber auch daran das ich mit Flo in der vergangenen Saison bei nahezu jeder Tour noch technischeres Gelände gefahren bin, das gibt Sicherheit, Routine, auch beim einschätzen was geht, was gehen könnte und was wohl eher ungesund endet.
Trotzt des bewussten Übergewichts des Bikes (die 15,3Kg geben Kraft für langen Touren im Sommer und lassen das 2 Kg leichtere Fully wie ein Racebike erscheinen; aber für ein Bike aus Kellerresten / „Null-Euro-Projekt“ ist es eh super geworden), geht das trailen und versetzten traumhaft und auch ein Matschreifen kann im trockenen und losen Gelände ordentlich zupacken nur bei glattem Fels und Wurzeln ist Vorsicht geboten.
Am Ende ziehe ich 2 Schlüsse:
– Hardtail fahren auf technischen Wegerln ist geil, werd meins wohl noch ein wenig optimieren und dann darf es auchmal im Sommer mit auf Hochtour.
– Für solch ein Erlebnis lass ich meine Boards auch im Januar gerne mal einen Tag im Keller und vielleicht gehen wir dafür dann Ende April im Powder surfen ?
ride on
Autor: tobi
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